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 © pixabay/AndrzejRembowski

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Die jüngste Entscheidung der EU-Kommission, bei Rat und Parlament einen Vorschlag einzubringen, die CO2-Reduktion per 2035 auf 90 statt auf 100 Prozent festzulegen, ist erwartungsgemäß mal so, mal so aufgenommen worden.

Zur Klarstellung: Die EU-Kommission kann das  sogenannte Verbrennerverbot nicht „kippen“, obwohl es immer wieder genau so zu lesen war. Über das Kippen entschieden wird im Ministerrat und im Parlament. Freilich: So wie seit der letzten Wahl 2024 das EU-Parlament zusammengesetzt ist, nämlich mit klarer Dominanz konservativer bis rechtspopulistischer Fraktionen inklusive bzw. zuzüglich EU-Zerstörern (darunter die „Patrioten für Europa“ mit stolzer Österreich-Komplizenschaft), kann an dessen Entscheidung wenig Zweifel bestehen.

Betrieben wurde das Aus seit Jahren von Politikern, die sich als Verteidiger der europäischen Industrie verstehen (Merz, Söder etc.). Laut ihren Gegnern schafften sie es, der Öffentlichkeit zu erklären, dass die Probleme der insbesondere deutschen Autoindustrie zu lösen wären, wenn man die E-Mobilität verzögert. Das hieße im Kern: Es gibt da eine Technologie, die nicht mehr aufzuhalten ist und die eine andere Technologie ablösen wird. Lösen wir unsere Probleme, indem wir an dieser anderen Technologie festhalten, so lange es geht.

Unterstützt wurden und werden diese Politiker von Experten, die das E-Auto wegen dessen CO2-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus verwerfen (und damit die Dynamik von Technologie allgemein in Frage stellen, auch wenn sie aktuell Recht haben). Das sind dann zuweilen pensionierte Ingenieure, die es seelisch nicht verkraften, dass ihre lebenslange Arbeit jetzt nichts mehr wert sein soll.

Aufholen kann man nur, indem man aufholt

Und dann sind da noch die Ökonomen und anderen Fachleute, die den Politikern, welche den Wirtschaftsstandort retten wollen, entgegenhalten, dass sie gerade das Gegenteil davon erreichen. Demgemäß würde durch die Aufweichung der CO2-Ziele nur überdeckt, dass Europa einen Rückstand in der Batterietechnik habe. Den aber, so gerade erst der deutsche Experte Ferdinand Dudenhöffer, kann man nur aufholen, indem man ihn eben aufholt, und nicht, indem man sich Zeit verschafft, in der man was anderes macht, zum Beispiel Verbrenner weiterzuentwickeln. Was im Übrigen ohnehin nicht groß passieren dürfte, denn dafür sind die Unterschiede zwischen der aktuellen EU-Verordnung und der jetzt geplanten nicht groß genug. Abgesehen davon: Den „hocheffizienten Verbrenner“, der in der Argumentation der Elektrogegner als gegeben vorausgesetzt wird, gibt es leider nicht.

Die Industrie will, dass sie noch länger Verbrennerautos verkaufen darf, weil sie derzeit zuwenige E-Autos verkauft. Daran sind die Hersteller aber selber schuld, weil sie die E-Mobilität nicht kapiert haben. Wer fette 3-Tonnen-SUVs mit 600 PS herstellt und die dann um 150.000 Euro anbietet, braucht sich nicht wundern, dass die Technologie nicht in die Breite geht. Das ändert sich gerade. VW und andere bringen das leistbare Elektroauto, die Chinesen sowieso schon. An dieser Stelle ist es jetzt auch einmal angebracht, einer medial sich längst selbständig gemacht habenden Erzählung entgegenzutreten, nämlich der von der technologischen Überlegenheit der chinesischen Elektroautos gegenüber den europäischen. Der neue BMW iX3 oder der Porsche Cayenne Electric sind selbst den besten chinesischen Podukten um Lichtjahre voraus. Okay, das sind teure, große Autos, die von der Ressourcenwahrheit her die Idee der E-Mobilität pervertieren. Aber sie zeigen den technologischen Stand, der in Europa erreicht wurde – wo nur leider das Denk-Prinzip herrscht, sich grundsätzlich klein und schlecht zu machen, egal ob politisch, militärisch, wirtschaftlich oder technologisch. Das Aufweichen einer Regelung, die schon beschlossen war und überdies in einem weit größeren Zusammenhang von Bedeutung ist, ist auch nicht gerade ein Zeichen von Stärke.

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