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BMW-Designer: "Im Prinzip ist das nur Stahl, Glas, Kunststoff"

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Letztes Jahr hat die autorevue Max Missoni in Göteborg besucht. Damals war er fürs Polestar-Design verantwortlich. Seitdem ist einiges passiert: neuer Job, neue Marke, neue Blickwinkel. Und der BMW Speedtop.

Max Missioni, zuletzt Chefdesigner bei Polestar, hat seit kurzem einen neuen Job: Er ist nun Designer für BMW-Modelle der oberen Mittelklasse, Oberklasse sowie von BMW Alpina. Im Rahmen einer Tour rund um das BMW Concept Speedtop plaudern wir mit ihm über Zugänge rund um die Aufgaben im neuen Job und den Einfluss seiner Geburtsstadt, Graz.

Michael Ziehenberger

Bist du in erster Linie ein Automensch oder bist du ein Designmensch? 

Maximilian Missoni

Also ich bin absolut ein Automensch und natürlich auch Designer. Das kannst du schlecht trennen. Also Designer, würde ich sagen, ist mehr so eine generelle Lebenseinstellung. Und Autoenthusiast war ich eigentlich immer. Heißt das, dass ich ein Petrolhead bin? Das würde ich verneinen. Das war ich tatsächlich nie. Aber ich habe mich für das Auto als bewegten Charakter interessiert. Die Vergangenheit des Autos ist interessant: Erstens durch diesen Freiheits-aspekt. Gleichzeitig hat sich durch die Platzierung der Komponenten, wie Lufteinlass, Scheinwerfer, Räder und so weiter eine Art Charakter, also fast ein Wesen herausgebildet. Und jetzt haben wir mit dem Speedtop gerade ein gutes Beispiel vor uns stehen, wie wir  liebevoll mit diesen Wesen umgehen. 

Wie wir es über Generationen von Autos als Gestalter geschafft haben, ihnen einen starken Charakter mitzugeben, das hat mich fasziniert. Im Prinzip ist das nur Stahl, Glas, Kunststoff. Und trotzdem können sich Menschen mit den Autos und dadurch auch mit den Marken identifizieren. Und das dann zu analysieren, zu kultivieren und auch wirklich dann weiterzutreiben, das finde ich spannend. Da wird es für mich interessant im Automobilen und da ist die Antriebsart, würde ich sagen, fast sekundär.

Michael Ziehenberger

Der Speedtop nimmt viele historische Zitate auf. Wenn du in die Geschichte zurückblickst: Gibt es einen BMW, der dir besonders gefallen hat? Oder bist du gar nicht so der Typ, der in den Rückspiegel schaut? 

Maximilian Missoni

Doch, bin ich schon. In diesem Fall hat mich zum Beispiel der 507 inspiriert. Für mich persönlich gab es gerade bei BMW immer wieder so Highlights, die mittlerweile berühmt sind. 

Als Kind war zum Beispiel der Z1 so ein Auto, da dachte ich bei dem Türmechanismus: „Wow, the Future has begun.“ War vielleicht in dem Fall gar nicht so, aber ich meine, das sind einfach mutige Dinge, wie sie immer wieder bei BMW passiert sind. Eine Entscheidung zu treffen: „Den Weg gehen wir jetzt einfach.“ Ein gutes Beispiel ist für mich auch der i3 und dann natürlich auch der Vision Efficient Dynamics, der den i8 vorbereitet hat. Das war zu Zeiten, da war ich schon aktiver Designer. Das war ein Schritt nach vorn. Das war richtig progressiv. Das war richtig mutig. Auch mit ein Grund, warum ich jetzt hier bin.

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Michael Ziehenberger

Diese mutigen Autos brauchen dann auch oft Zeit, um zu reifen. 

Maximilian Missoni

Das ist genau der Punkt. Was ich an BMW so spannend finde, ist, dass der Kern der Marke, also diese Progressivität und diese Dynamik immer da sind, immer mitschwingen, es werden aber auch mutige Schritte getätigt. In so einer Konstellation bekommst du Verantwortung, natürlich aber auch Möglichkeiten in einer gerade besonders interessanten Zeit. Was jetzt absolut exponentiell in die Höhe schießt, ist künstliche Intelligenz und das wird uns in allen Bereichen stark beeinflussen. Wir denken jetzt schon darüber nach, was das für Auswirkungen auf das Automobil hat, aber auch auf unseren Job als Designer. Nicht nur technisch, also wie wir damit arbeiten werden, sondern auch tatsächlich aufs Produkt. Was wird sich da ändern? Auch der Antriebs- Mix und -Wechsel ist sowohl für die Marke oder für das Produkt an sich, aber auch für uns als Designer eine extreme Herausforderung. 

Michael Ziehenberger

Das Thema Nachhaltigkeit gehört zum bunten Charakter von BMW und ist auch dir wichtig. Wie beeinflusst das Thema dein Design?

Maximilian Missoni

Wie du weißt, komme ich aus einer Ecke, wo wir das ganz bewusst ex-trem ernst genommen haben und darauf aufbauend auch gestalterische Prinzipien festgelegt haben. Und das ist auch parallel hier bei BMW passiert. Deswegen war das für mich vom Wechsel her sinnvoll. BMW hat natürlich eine größere Herausforderung, weil wir als Legacy Marke das gesamte Antriebsportfolio weiterhin fein ausbalancieren müssen. 

Michael Ziehenberger

Vielleicht zum Schluss ein kleiner Themenwechsel: Wir sind beide aus Graz. Hat die Stadt dich geprägt?

Maximilian Missoni

Interessante Frage! Wenn du wo aufwächst, ist es natürlich immer prägend. Für mich war ehrlicherweise mein Elternhaus eher prägend als die Stadt an sich. Meine Eltern sind beide Architekten gewesen. Die Dualität aus einem konservativen Umfeld, das Österreich halt schon noch immer irgendwie ist, und gleichzeitig dieser modernen Architektur, die bei uns zu Hause immer überall mit im Spiel war, hat mich schon geprägt. Diese Balance hat meinen Werdegang beeinflusst, deswegen bin ich jetzt auch in diesem Oberklasse- und Luxussegment, weil da ist so eine gewisse Brücke da. Ich kann in beiden Welten ganz gut klarkommen. Das ist nicht immer einfach, weil das oft auch im Widerspruch zueinander steht. Das eine wird als konservativ bezeichnet und das andere als modern, progressiv. Aber da irgendwie das Miteinander zu verbinden und irgendwie diese Sicherheit da zu schaffen, ist genau mein Thema.                                                      <

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Das BMW Concept Speedtop ist nach dem Skytop im Vorjahr, welches in einer limitierten Serie von 50 Exemplaren realisiert wurde, nun das zweite Auto im Bunde. 70 Exemplare sind von dem Shooting Brake geplant. Technisch basieren sie auf dem BMW M8, heißt V8 mit 625 PS. Der Farbenverlauf von „Floating Sunstone Maroon“ zu „Floating Sundown Silver“ ist einzigartig.

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Dieser Text erschien in der autorevue 9/2025.

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