
Der Targa 4 GTS ist eine der nettesten Arten, Porsche 911 zu fahren: Man kann von allem etwas genießen, ist dabei ganz normal und muss nicht einmal auffallen.
Was den Targa GTS ausmacht
Etwas ist normal, wenn es die Allgemeinheit als richtig beschaffen befindet. Das hier ist also ein normaler Porsche. Ein 911 Targa, als beliebter GTS (bisserl mehr Leistung, Alcantara, die coolen Zentralverschlussfelgen), und dann noch in der Allerweltsfarbe Kreide.
Sieht man von der Sitzkühlung einmal ab (die sehen die meisten bei einem Sportwagen wahrscheinlich nicht als normal), vereint er also alles, was die Leute so mögen: die Möglichkeit, das Dach aufzumachen auf der Heimfahrt vom Heurigen, ohne aber die klassische Cabrio-Silhouette, die geschlossen nicht allen gefällt, in Kauf nehmen zu müssen.
Irgendwie ist der Targa ja generell cooler als so ein normales Cabrio, allein schon wegen des Namens. Dann ist da der Allrad, der den ganzen Spaß auch rational argumentierbar macht, weil den braucht man ja schon, wegen des vielen Schnees bei uns, wegen der Fahrsicherheit und außerdem gibt es den Targa sowieso nur mit Allrad, also die Frage stellt sich eigentlich nicht.


Positionierung des GTS
Dass die GTS-Version weite Verbreitung findet (beim 992.2 kam zuerst der GTS auf den Markt, dann erst der S, das sagt vieles), lag ursprünglich – also am Anfang, so ab 2009 – am guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das ist so zu verstehen: Die beliebtesten Extras des Carrera S wurden damals für den GTS in die Serienausstattung übernommen und preislich attraktiver gestaltet.
So wie man das heute überall mit Ausstattungspaketen macht. In Wirklichkeit gehts einfach um die rennsportliche Optik mit Alcantaralenkrad und den serienmäßigen Zentralverschlussfelgen und ganz einfach um Prestige, nicht einen normalen Targa und auch keinen S zu fahren, sondern einen GTS.


Technik und Performance
Dass die Turbo-Hybrid-Technik des aktuellen Modells ihn auch aus technischer Sicht zu etwas ganz Besonderem macht (es handelt sich um einen Technologieträger mit elektrisch unterstütztem Turbolader plus extra E-Motor, der echte 911 Turbo wird diese Technik in Kürze übernehmen), wird den meisten Leute in so einem Auto egal sein.
Was viel mehr zählt, ist, dass da im Heck immer noch dieser Sechszylinder-Boxer rasselt. Und dass er unglaublich gut geht: knapp über drei Sekunden auf 100, mehr muss man nicht wissen.
Durch den E-Boost, der gekonnt das Turboloch eliminiert (also die Zeit, in der die Abgase den Lader in Schwung bringen müssen), hängt der GTS supergut am Gas, wer nicht viel Erfahrung mit Motoren in dieser Liga hat, wird kaum den Unterschied zu einem großvolumigen Saugmotor spüren – mit 3,6 Litern Hubraum gehört er aber ohnehin nicht in die Kategorie Downsizing (das Prinzip ist, wie man hört, ohnehin gestorben).
Was sonst noch super ist beim GTS, aber nicht erst seit dem Facelift: Bremsen und Fahrwerk, vom Turbo übernommen, der in Sachen Ernsthaftigkeit noch eine Etage höher positioniert ist. Davon profitiert man übrigens auch, wenn man nix mit Rennerei am Hut hat, weil immer genug Reserve da ist, wenn man es mal übertreibt.
Der Targa als Bauform
Was ja passieren kann, beim Porschefahren. Da wäre dann auch noch das Thema Targa. Viel wird ja nicht über diese Machart gesprochen, aber sie ist schon einzigartig, nicht nur vom Design her mit dem Bügel – beim GTS dem sportlichen Motto folgend natürlich in Schwarz seidenglanz lackiert (so wie auch Bug- und Heckteile sowie diverse Schriftzüge, Räder und Sportabgasanlage) –, sondern auch von seiner Geschichte her.
Er war zuerst da. Nämlich schon 1965, vor dem klassischen Cabrio, das erst 1982 auf der IAA in Frankfurt vorgestellt wurde. Benannt ist der Targa nach dem ehemaligen Rennen auf Sizilien, es gibt aber keinen direkten Bezug, außer, dass Targa italienisch ist und Schild heißt, also Schild nicht im Sinne von Schwert und Schild, sondern von Plakette.
Porsche war bei der Targa Florio erfolgreich, zwischen 1956 und 1973 gewann man elf Mal dort. Und das wollte man nutzen und dem neuen Cabrio-Konzept einen positiv konnotierten Namen geben. Die Reaktionen waren gemischt. Dieses sogenannte Sicherheitscabriolet mit fixem Überrollbügel (das war so für die Erfüllung amerikanischer Crashvorschriften notwendig) gefiel nicht allen.
Ursprünglich war die hintere Abdeckung, also quasi die Heckscheibe, aus Plastik und war abnehmbar. Der Targa war also auf Wunsch komplett offen. Diese sogenannten Softwindow-Targas sind selten, aber nicht das gute Selten, sondern eher deswegen selten, weil sich das Prinzip nicht durchgesetzt hat – die Plane wurde bereits Ende 1968 durch eine fixe Heckscheibe ersetzt, die sich bis heute gehalten hat.
Ebenso das Dachpanel zwischen Targa-Bügel und Frontscheibe, damals per Hand abzunehmen und zu verstauen, heute geht das natürlich elektrisch. Im Gegensatz zum Cabrio aber nur im Stand – das schwere Heckteil mit Scheibe muss zum Öffnen und Schließen angehoben werden und würde Luft bekommen.
Zwischenzeitlich wurde von 1995 für knappe 20 Jahre der Targa mit einer speziellen Dachkonstruktion ohne Überrollbügel verkauft, ehe man mit den Baureihen 991 und 992 wieder zum klassischen Auftritt fand.


Alltag und Fazit
Und klassisch trifft das Gesamtwerk eigentlich ganz gut. Die Silhouette, der Bügel, aber auch ganz allgemein der 911, mit seinen runden Linien, zentralem Drehzahlmesser und dem heißeren Boxer im Heck, das ist mittlerweile wirklich ein Evergreen. Und zwar einer, der tut, wie man will.
Ein an sich normales Auto mit kaum Schwächen, dass der zentrale Cupholder für nichts ist, sei verziehen. Der 11er passt in jedes Leben, lässt sich intuitiv bedienen und noch viel wichtiger, intuitiv schnell fahren.
Das Gewicht – der Targa ist auf Grund der aufwendigen Dachkonstruktion traditionell der schwerste 911er – merkt man ausschließlich im Grenzbereich auf der Rennstrecke und auch dort wird es fast bis zur Unkenntlichkeit von Fahrwerk und Grip kaschiert. Dort fährt mit einem normalen Porsche aber eh niemand hin.
Obwohl dieser GTS der ärgste Targa ist, den es bisher gab. Und zwar mit Abstand. Bis sie irgendwann einmal draufkommen, den Turbo Targa neu aufzulegen, den es 1989 in einer Auflage von 104 Stück gab. Normal nur eine Frage der Zeit.


Wenn ein Auto in nur 3,1 Sekunden von 0 auf 100 sprintet und über 300 km/h geht, würde man von einem wilden Supercar ausgehen. Das kann aber auch dieser Porsche 911 Targa 4 GTS, von nebenan.
© Andreas RiedmannZusammenfassung
Was wir mögen
Was kann man hier nicht mögen?
Was uns fehlt
Ein Tüpfelchen Farbe.
Was uns überrascht
Wie normal das ist.
Die Konkurrenz
Der 911er hat sein eigenes Genre geschaffen, aber müsste man einen nennen, dann den Mercedes- AMG SL 63 S E Performance: Bisserl teurer, bisserl stärker, aber als offener Allrad-Hybrid-2+2 doch Konkurrenzprodukt.
Daten & Ausstattung
Preis | € 258.689,– (NoVA 19 %) |
Steuer | jährlich € 3.810,24 |
Motor, Antrieb | 6-Zylinder-Boxer, 3591 ccm, 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb. |
Leistung/Drehmoment | 398 kW (541 PS) bei 7500/min, 610 Nm. |
Fahrleistungen | Spitze 312 km/h, 0–100 km/h 3,1 sec. |
Verbrauch | 10,8 l/100 km, CO2 244 g/km. Testverbrauch 10,7 l/100 km. |
Dimensionen | L/B/H 4553/1852/ 1298 mm, Radstand 2450 mm, Gewicht 1820 kg, Kofferraum 135 l, Tank 63 l, Reifen vorne 245/35 R20, hinten 315/30 R21. |
Ausstattung | Matrix-LEDs, 20-/21-Zoll-Räder, Sport Chrono Paket, Hinterachslenkung. |
Extras | Clubleder € 2.199,–, Carbon-Keramik-Bremsen € 13.658,–, Assistenz-Paket € 3.557,– etc. |

