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Ennstal-Classic 2025 Teil 1

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©Andreas Riedmann
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Alle Wege führen nach Gröbming: Wie dieser Alfa GT 1300 Junior von Brescia über London nach Wien kam, wie er sich auf die Ennstal-Classic vorbereitet und welche Rolle dabei Sprögnitz spielt.

Vom Mailänder Werk ins Waldviertel: Der Lebensweg eines Alfa Romeo

Das Waldviertel ist nicht unbedingt der Ort, an dem sich ein italienisches Auto am wohlsten fühlt, würde man meinen. Dieser Alfa hier wurde am 31. August 1970 in Arese nahe Mailand fertiggestellt und bereits vier Tage später im nur rund 100 Kilometer entfernten Brescia verkauft. Nicht zwingend einer der Orte Italiens, die als Synonym für Sommer und Sonne gelten. Eher, wo Österreicher erfolgreich Fußball spielen (Schopp, Säumel). Ein zweites Leben begann für den Bertone dann Anfang der 2000er in England, die Sonne wird er auch dort eher weniger gesehen haben. Service-Rechnungen lassen auf einen Aufenthalt rund um Manchester schließen, später dann weiter südlich im Einzugsgebiet der Hauptstadt. Immerhin kümmerten sich zahlreiche Hände um ihn, vielleicht zu viele. Er verlor entlang des Weges seine Originalfarbe, die das Werk als Beige Cava angibt. Rosso Alfa passt ihm aber eh auch. Das certificato di origine von Alfa Romeo Classiche sagt auch, dass das Finish im Innenraum (finizione interni) in Skai Nero gehalten sein sollte, was zutrifft. Die rostanfällige Karosserie des Scalinos (die erste Serie dieser Baureihe wird ob der Kante zwischen Motorhaube und restlicher Karosserie als Kantenhauber bezeichnet) hat in dieser Zeit freilich gelitten. Nach Jahren der akklimatisierenden Vorbereitung kam das Auto vor gut vier Jahren schließlich nach Österreich und darf seitdem die Sommer in und rund um Wien und die Winter im Waldviertel verbringen. Dort sind wir gerade. In Sprögnitz. Ein Ort, bekannt für Tee und Gewürze, einwandfrei bio. Was sich das Auto nach seinem Lebensweg dort denken muss und wie es ihm mit der Seehöhe geht (das liegt dort auf 711 Metern über Adria!), kann man nicht sagen. Was man schon sagen kann: Es wurde auf seinem Weg begleitet. Viel Liebe, sprich: Geld, wurde hineingesteckt, schwere Momente gemeinsam durchgestanden (liegengeblieben auf dem Weg zu einer Hochzeit in der Südsteiermark, bitter), aber auch positive Erinnerungen sind dabei. Das Leben in einem klassischen Alfa fühlt sich anders an. Sogar die eine oder andere klassische Rallye wurde bestritten, doch jetzt gilt's: Ennstal-Classic.

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Startprobleme nach der Winterpause: Wenn der Alfa zu streiken droht

Runter das Carcover also! Alles, was leicht gecheckt werden kann, checken (Motoröl, Reifendruck und so), Batterie anklemmen und geht schon … aber nix geht. War nach längerer Standzeit über den Winter auch nicht zu erwarten. Behutsam wird weiter versucht zu starten … dreimal Gas pumpen … bissi länger drauf bleiben, aber er kommt nicht … keine Zündung, wenn auch der hörbare Versuch.Jetzt ist es nur mehr eine Frage der Zeit, bis ein „Hast schon mal mit Choke probiert?" vom Publikum kommt. Berechtigter Einwurf, aber ja, natürlich. Braucht dieser Alfa eigentlich nicht unbedingt, aber manchmal dann doch. Je nach Lust und Laune und Tagesverfassung. Nach vier Jahren mit dem Auto ist das bekannt. Stimmungslagen variieren. Technische Zustände auch. Man bekommt ein Gefühl, ob was wirklich nicht stimmt (was schon mal vorgekommen ist, im konkreten Fall Defekt in der Zündspule, dann geht natürlich nix mehr), oder ob er einfach seine Zeit braucht. Und so bleibt man siegessicher, auch wenn langsam die 90 Minuten herum sind und das entscheidende Tor nicht fallen will. Die Nachspielzeit bricht an, Starthilfespray Jnr. wird eingewechselt, alle Hoffnungen auf ihn. Im Sturmduo mit Startboostinho gelingt dann doch der entscheidende Treffer – Motor läuft, geht ja eh, alles bestens. Wir haben's eh gewusst. Trotzdem wird der Sieg trocken heimgespielt, ab geht's in die Werkstatt, alle Flüssigkeiten neu, auch die Reifen. Und generell wird abgecheckt, ob eh alles passt, für das, was kommt.

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Rallyeprep in chronologischer Reihenfolge: Zuerst auswintern, heißt Decke runter und aufschütteln, Batterie anklemmen, Daumen drücken, schwitzen, auch ein bisschen lachen, dann doch eher schwitzen (nur Jacky Traxler bleibt ernst, eine gute Eigenschaft für ihren anstehenden Job als Beifahrerin bei der Ennstal). Aber dann doch alles gut gegangen, ab in die Werkstatt.

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Vorbereitung auf die Ennstal-Classic: Gleichmäßigkeitsrallye seit 1993

Das, was Mitte Juli kommt, ist eben die Ennstal-Classic, die seit 1993 ausgetragen wird und eine ziemlich große Nummer geworden ist. Nicht nur Eingefleischte und Stars sind da, sondern auch Autohersteller mit Namen wie Porsche oder Ferrari. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Gleichmäßigkeitsrallye, das heißt, es müssen entlang einer per Roadbook vorgegebenen Route spezielle Herausforderungen gemeistert werden, stets unter Einhaltung der Straßenverkehrsordnung. Es handelt sich also um kein Rennen im herkömmlichen Sinne, bei dem der Schnellste gewinnt, sondern der, der die Aufgaben am präzisesten gemeinsam mit der Person am Beifahrersitz bewältigt. Dafür stehen dem Team ausschließlich analoge Messgeräte zur Verfügung. Neben den Stoppuhren spielt ein spezieller Wegstreckenzähler eine zentrale Rolle: Er ist anpassbar und misst genauer, als der ohnehin in jedem Auto verbaute Onboard-Zähler. Man kann diesen außerdem anhalten, wenn man sich verfahren hat. So viel zur Vorbereitung.Wenn alles passt, also der Alfa, werden wir in der nächsten Ausgabe berichten, wie es bei der Ennstal gelaufen ist. Daher: Fortsetzung folgt.

Dieser Text erschien in der autorevue 7&8/2025.

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