Aus dem Rahmen gefallen: Als ziemlich kleines Cabrio mit Frontantrieb und skulpturaler Linie kam der Fiat Barchetta vor exakt 30 Jahren als perfekte Alternative für alle, die dann doch keinen Mazda MX-5 kaufen wollten.
Die Renaissance der Roadster: Fiats Einstieg in die offene Nische
Natürlich hatte der Mazda MX-5 mit seiner ansatzlosen Detonation 1989 den Weg geebnet. Fiat naschte gerne ein wenig mit an der Renaissance der Roadster, auch wenn sie nach dem strengen Reinheitsgebot spartanischen Offenfahrens keine Roadster waren, sondern zweisitzige, knackige Cabrios. Die Barchetta war freilich bestens in die neue Nische hinein berechnet worden, aber bei den Blechstärken des Hecks muss jemand ein bisserl unkonzentriert gewesen sein. So kam's in Österreich zur Kundendienst-Information Nr. 27/1995, in welcher den Händlern am 13. Juli 1995 das Ausgießen des Kofferraumdeckels mit 2-Komponenten-Harz aufgetragen wurde, exakte Anleitung inklusive. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass beim Zudrücken des Kofferraumdeckels (das Zuschlagen war laut Betriebsanleitung schon gar nicht statthaft) bald unschöne Dellen entstanden, der Deckel gab dem Druck also an ungebührlicher Stelle nach. Das geschah im Schauraum oder bald in Kundenhand, also tüftelte Fiat an der Gegenmaßnahme: Den Händlern wurde folglich eine Vorsorgereparatur aufgetragen, das dafür erforderliche Material Gießharz und Härter geht Ihnen in der erforderlichen Menge zu, wie die Info mitteilte, die Händler mögen bitte bis 31. Oktober 1995 die Arbeiten finalisieren, dann wurden ihnen 0,75 h/Fahrzeug und eventuell benötigte Telefonkosten (diese sind unter Diverses abzurechnen) vergütet. Das Ausgießen der Heckdeckel-Unterkante, also dort, wo zum Schließen gedrückt sein will, geschah nach Demontage und hochkantem Aufstellen des Deckels, das Harz wurde per Trichter aus Papier durch eine Bohrung eingeflößt. Spätestens da werden ein paar Händler Unfreundliches Richtung Turin gemurmelt haben. War der Deckel schon verdrückt, dann wollte er vorab natürlich durch Kitt begradigt sein, Neulack war unumgänglich. Weil Reparaturlack anders zusammengesetzt ist als der im Werk aufgetragene, altert er anders: Man erkennt fachmännisch vorsorgereparierte und dann im Originalzustand belassene, frühe Barchettas heute am anderen Farbton des Kofferraumdeckels. Unperfektes als Qualitätsmerkmal, auch nicht schlecht.
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