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Im Blindflug – der Absturz des Graham Hill

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Am 29. November vor 50 Jahren verunglückte der Rennfahrer Graham Hill bei einem Landeanflug mit seinem Privatflugzeug. Mit ihm starben fünf Mitglieder seines Teams. Hill hatte sich so fahrlässig verhalten, dass der Unfall vermutlich unausweichlich war, seine rechtlichen und finanziellen Folgen auf jeden Fall.

Verschlechterte Wetterbedingungen vor dem Abflug

Als Graham Hill, zweifacher Formel-1-Weltmeister und seit einem halben Jahr im Ruhestand, am Nachmittag des 29. November 1975, von Le Castellet kommend, seine Piper PA-23-250 Turbo Aztec D mit dem Kennzeichen N6645Y in Marseille-Marignane zwischenlandete, um Passagiere aufzunehmen, konnte er sich im Piloten-Selbstbriefingsraum ein Bild von den Wetterbedingungen am Zielort machen. Die Vorhersage reichte bis 22 Uhr und versprach für den Großraum London eine Sichtweite von bis zu 10 km, ausreichend für eine problemlose Orientierung im Sichtflug. Für Gatwick wurde angezeigt, dass die Sichtweite später auf 1,5 km fallen könnte. Spätere Voraussagen, die bis 1 Uhr morgens reichten, korrigierten dramatisch: Für Gatwick, Southend und Heathrow wurden Sichtweiten von 600 bis 800 m angekündigt. Hill wollte zum kleinen Privatflughafen Elstree nordwestlich von London, rund 30 Autominuten von seiner Villa in Shenley, Hertfordshire, entfernt. Ob er diese spätere Prognose noch mitbekommen hat, ist unbekannt. Auf jeden Fall gibt es keine Hinweise darauf, dass er nach seinem Besuch im Selbstbriefingsraum noch Wetterinformationen vom meteorologischen Büro des Flughafens Marseille eingeholt hat. Die zweimotorige Piper hob um 17:47 Uhr ab. Als Hill sich mit seinen fünf Passagieren kurz vor 21 Uhr dem englischen Festland näherte, betrug die Sichtweite an der Küste nur noch 100 bis 400 m. Für Sichtflüge gilt alles unter 1,5 km als gefährlich, und schon überhaupt in der Nacht. Bei 100 m sind es genau genommen keine Sichtflüge mehr. Sein erstes Flugzeug, ebenfalls eine Piper Aztec, hatte Hill am 31. Mai 1966 gekauft. Das war der Tag nach dem Indy-­500-Rennen, das Hill vor Jim Clark gewonnen hatte. Dabei zeigte sich ein gewisser Hang zur Unbekümmertheit: „Es war recht kurios. An einem Tag hatte ich so gut wie kein Geld, tags darauf war ich steinreich, nur um einen Tag später wiederum kein Geld zu haben." Die autorevue berichtete 1972: „Hill hat sich sehr schnell zur absoluten Spitze unter den Privatfliegern hochgedient. Das heißt, daß er nicht nur bei Nacht und jedem Wetter fliegen darf, sondern er kann auch die selben Luftstraßen benutzen, die für Verkehrsflieger erlaubt sind. Der englische Fachausdruck für diesen Status heißt: instrument rating."

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