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Neu: Audi Concept C

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Audi geht es nicht gut. Wie reagiert man proper auf sowas? Mit Offensive. Macht Audi, und gleich einmal glaubwürdig.

Überblick

Audi Concept C

• Selbstkritik und Neuausrichtung: Audi-Chef Döllner gesteht öffentlich Fehler ein ("Wir haben den richtigen Weg verloren") angesichts sinkender Gewinne und schwacher Kundenzufriedenheit in den USA.
• Concept C als Design-Leuchtturm: Das elektrische Zweisitzer-Cabrio von Designer Massimo Frascella soll 2027 in Serie gehen und die neue Designphilosophie "Strive for Clarity" verkörpern.
• Plattform-Strategie mit Porsche: Concept C teilt sich die Premium Platform Electric mit dem Porsche 718 und dient als Vorbote für die nächste Fahrzeuggeneration.

Audi in der Krise: Döllners ungewöhnliche Selbstkritik

Sphärenklänge wabern durch den Innenhof des Mailänder High-End-Hotels Portrait Milano (Ex-Priesterseminar, 16. Jahrhundert), als Gernot Döllner auf der Bühne spricht, alle paar Sätze von Applaus unterbrochen. Döllner, der Audi-Chef, der erst kürzlich am Cover des Manager-Magazins der Raudi genannt wurde. Unterirdisches Wortspiel, aber bleibt hängen.Döllner beginnt mit Sartre, zwar vom Prompter abgelesen, aber immerhin: „Fortschritt wird von den Unzufriedenen gemacht." Es folgt Selbstkritik, wie man sie von CEOs kaum einmal hört, gipfelnd in dem Satz: „Wir haben den richtigen Weg verloren." Alle Achtung. Den hat ihm kein Marketingtexter in den Mund gelegt. Wenn man vom Weg abkommt, kann das so aussehen: Zum dritten Mal in Folge ist heuer das Audi-Ergebnis des ersten Halbjahres schlechter als das des Vorjahres. Heuer um 37,5 Prozent. Das Jahresergebnis erwartet man ohne Vorfreude. Schuld sind unter anderem die US-Zölle (Audi hat kein Werk in den USA) und die Kosten der Transformation im Konzern. Aber vielleicht nicht nur. In der J.D. Power Kundenzufriedenheitsstudie, der größten diesbezüglichen Erhebung in den USA, wurde Audi auf den letzten Platz durchgereicht. VW, Mercedes, BMW sind besser, aber auch unter Durchschnitt, nur Porsche ist knapp drüber.

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Audi-Chef Döllner: Umstritten, aber immerhin fährt er mit dem Concept C selber auf die Bühne. Große Show für die Weltpresse.

 © Werk

Die Design-Revolution mit Shy-Tech und TT-Anleihen

Schwamm jetzt über alles, die Zukunft braucht ein sauberes Aufmarsch­gebiet. Und so fährt denn Herr Döllner nach seiner Rede den ersten Schlag gegen die Krise gleich selber auf die Bühne: Concept C, ein zweisitziges Elektro-Cabrio, das vor allem einmal zeigt, was Massimo Frascella, der neue Designer, draufhat. Keine Frage, der hat viel drauf. Das Concept, das 2027 in Serie gehen und dann auch fast so aussehen soll wie jetzt, ist makellos schön, und mehr als das: Man kann sich schwer davon lösen, so schön ist es, und es gewinnt mit jeder Minute. Länge 4,5 Meter, Gewicht rund 1700 Kilo.Der TT als Inspirationsquelle wird von Audi offensiv betont. Der war ein kleiner Revolutionär, eine Rolle, die auch das Concept C spielen möchte. Man findet den TT hier durchaus wieder, nicht zuletzt im Cockpit. Hier setzt Audi den neuen Modebegriff Shy-Tech um, schüchterne, scheue Technik. Vereinfacht gesagt: Bedienoberflächen werden erst zu welchen, wenn sich die Hand nähert. Displays zeigen sich erst, wenn man sie braucht. Ganz verzichtet aber auch das Concept C nicht auf physische Tasten, man will schließlich die potenziellen Käufer auch mitbedenken. Es hat sich aus Gründen von Design und Konstruktion ergeben, dass das Concept C keine Heckscheibe hat, so wie der Polestar 4. Das wurde dort von der Öffentlichkeit nicht eben frenetisch akklamiert. Wir nehmen an, dass die Öffentlichkeit bei einem Spezialfahrzeug wie einem Cabrio-Targa-Coupé toleranter bzw. auch experimentierfreudiger ist. So gesehen wird das, sollte es im Serienfahrzeug so umgesetzt werden, wovon wir ausgehen, kein Problem sein.

Plattform-Strategie mit Porsche und die Zukunft der Marke

Wer eine Beziehung des Audi zum elektrischen Porsche 718 vermutet, vermutet richtig. Beide stehen auf der verkürzten Premium Platform Electric des Konzerns und haben gleiche technische Grundlayouts: Akkus hinter den Sitzen, Allrad- oder Heckantrieb. Porsche hat bekanntlich ein wenig Angst vor einem Elek­troschock bekommen und bringt den 718 erst 2027 heraus, die beiden erscheinen also in zeitlicher Nähe. Dass der Audi – wie auch der verschwägerte Porsche – als Elektro­cabrio vermutlich kein Verkaufsschlager werden wird (im Gegensatz zum TT), ist nicht so tragisch: Er hat Leuchtturmfunktion. So sieht Audi the next generation aus. Die Autos, die sich auch verkaufen werden, kommen dann schon noch. Einen Namen hat die neue Design­philosophie auch: „Strive for Clarity". Die Suche nach der Klarheit als Sonderfall der Suche nach der Wahrheit. Damit bleibt man der bisherigen Strategie im Prinzip treu, und das ist auch gut so. Radikale Einfachheit und Reduktion auf das Wesentliche, das aber cool verpackt. Es sollte sich aber nicht alle Tage Grundstürzendes verändern, sowas schätzen Audi-Menschen nicht. Nach der lawinenhaften Produkt­offensive der vergangenen knapp zwei Jahre wird sich bis zu den Modellen der neuen Designlinie nichts ganz Großes mehr tun, A8 etwa kommt vorerst keiner mehr. Nach dem Zweisitzer dürfte dann die nächste Lawine anrollen.

Dieser Text ist in autorevue 10/2025 erschienen.

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