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Kommentar: Mein Auto, der Idiot

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Und das Schlimmste ist: Wir verlieren langsam den Respekt.

Autos, so lesen wir, werden immer intelligenter. Sie gehen sensibel auf die seelische Stimmung der Fahrerin ein, schätzen an der Mimik des Passanten ab, ob der gleich auf die Straße taumeln wird, erkennen mögliche Unfälle schon weit im Vorhinein und vermeiden sie, sie kümmern sich um uns, wenn wir müde sind, sie passen das Ambiente in Farbe und Ton an Wetter und Jahreszeit an, sie warnen uns vor Gefahren und vieles mehr. 

In der Tat sind die Autos längst intelligenter als Brot. Manche sind sogar so intelligent wie ein Kalbskotelett. Mimik der Passanten, haha! Autos können nicht einmal halbwegs akkurat die riesigen Ziffern von Tempolimits lesen. Fehlerquote der Tempolimiterkennung immer nahe an 50 Prozent. 

Am besten sind die KI-generierten Sprachbedienungen. Man hat uns schon vor zehn Jahren erzählt, das neue System jetzt kann 1000 Dialekte von 50 Sprachen verstehen, sogar Bregenzerwäldlerisch. Die Wahrheit ist, auf einen nicht wirklich kleinen Teil der Fragen bekommt man zunächst einmal ein „Das habe ich nicht verstanden“ zur Antwort, und wenn man noch so langsam und deutlich gesprochen hat. Danach ein: „Das habe ich nicht in meinem System“ oder eine andere Ausrede.  

Andere wiederum sind so sensibel, dass sie sich ungefragt in jedes Gespräch einmischen, natürlich immer mit unpassendem Mumpitz, oft genug wird auch ins Schweigen hineingesprochen: „Wie kann ich helfen?“, „Ich bin da“.

Mit dem, was wir mit Sprachbedienungen erlebt haben, könnten wir fünf Kabarettabende bestreiten. Auch sonst: Ein aktuelles Testauto ermahnt mich ungelogen alle zehn Sekunden mit lautem Warnton, mich auf die Straße zu konzentrieren. Wenn ich wirklich so unkonzentriert wäre, wie mir das Auto unterstellt, würde ich schon längst nicht mehr leben. 

Von den zahllosen Fehlern der Sicherheitssysteme, von grundlosen Notbremsungen bis hin zur panischen Angst der Autos vor Grashalmen, reden wir hier gar nicht mehr.

Nein, haben sie wirklich. Man kann mit einem modernen Auto nicht hintrisch einen Meter in eine Wiese fahren, es bockt wie ein Pferd, das nicht in den Hänger will.

Das alles hat zur Folge, dass wir das, was uns ein Auto mitteilt, nicht mehr in Betracht ziehen. Wir können uns kaum noch vorstellen, dass ein Auto von selbst irgendetwas kann oder weiß. Nicht einmal Eineinhalbjährige würden wir so behandeln. Dass der Respekt darunter leidet, versteht sich von selbst. Dabei sind wir eigentlich gar nicht so. Also sonst. 

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