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EU-Automarkt im Oktober: Moderate Erholung bei weiterhin schwacher Basis

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Die aktuelle EY Automotive Analyse ist da: Gesamtmarkt wächst langsam – Vorkrisenniveau in weiter Ferne.

EU-Automarkt im Oktober: die wichtigsten Facts

• Der EU-Automarkt wächst im Oktober um knapp sechs Prozent, liegt aber 18 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Die Nachfrage bleibt gebremst durch schwache Konjunktur, hohe Preise und politische Unsicherheiten.
• Elektro-Neuzulassungen steigen um 39 Prozent, der Marktanteil auf 18,9 Prozent. Doch die Entwicklung bleibt hinter früheren Prognosen zurück. Ein 50-Prozent-Anteil wäre selbst bei 20 Prozent Jahreswachstum erst 2032 realistisch – das EU-Verbrenner-Aus 2035 muss überdacht werden.
• Plug-in-Hybride legen EU-weit um 43 Prozent zu und erreichen 10,3 Prozent Marktanteil. Die drei deutschen Autokonzerne steigern ihren gemeinsamen Marktanteil auf 39,7 Prozent, während Tesla massiv einbricht (minus 48 Prozent im Oktober).

Der europäische Neuwagenmarkt setzt seinen vorsichtigen Aufwärtstrend fort. Im Oktober verzeichneten die EU-Länder ein Plus von knapp sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. 20 der 27 Mitgliedsstaaten meldeten steigende Zulassungszahlen. Österreich sticht mit einem Wachstum von elf Prozent heraus. Im Gesamtjahr von Januar bis Oktober liegt der EU-Markt 1,4 Prozent über Vorjahresniveau, Österreich sogar 12,5 Prozent im Plus.

Doch die Zahlen täuschen über die tatsächliche Marktsituation hinweg. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 klafft eine Lücke von 18 Prozent – das entspricht fast zwei Millionen fehlenden Neuwagen im Zeitraum Januar bis Oktober.

„Der europäische Neuwagenmarkt zeigt zwar wieder eine leichte Aufwärtsbewegung, doch man darf nicht vergessen, wie tief das Ausgangsniveau zuletzt war", analysiert Axel Preiss, Leiter Industrials bei EY Österreich. Die Nachfrage bleibe verhalten, gebremst durch schwache Konjunktur, hohe Fahrzeugpreise, politische Unsicherheiten sowie Sorgen um Beschäftigung und Einkommen. Der gestiegene Ersatzbedarf nach Jahren niedriger Verkaufszahlen und das zunehmende Durchschnittsalter der Fahrzeuge reichen nicht aus, um Unternehmen und Privatpersonen zu Käufen zu bewegen.

Marktanteile im Wandel: Deutsche Hersteller auf Wachstumskurs

Während der Gesamtmarkt stagniert, verschieben sich die Kräfteverhältnisse merklich. Renault, BMW und Volkswagen konnten überdurchschnittlich wachsen und Marktanteile hinzugewinnen. Verlierer sind hingegen Stellantis, Toyota, Hyundai und Tesla. Die drei deutschen Autokonzerne legten in den ersten zehn Monaten um 4,9 Prozent zu und steigerten ihren gemeinsamen Marktanteil von 38,4 auf 39,7 Prozent.

Besonders dramatisch entwickelte sich die Situation für Tesla. Nach einem Absatzminus von 19 Prozent im September brachen die Verkäufe im Oktober EU-weit um 48 Prozent ein. Der Anteil am Elektromarkt schrumpfte von neun auf nur noch drei Prozent.

Elektromobilität: Hohes Wachstum auf niedrigem Niveau

Die Elektro-Neuzulassungen stiegen im Oktober EU-weit um 39 Prozent, der Marktanteil kletterte von 14,4 auf 18,9 Prozent. In 20 von 27 EU-Ländern legten die E-Auto-Verkäufe zu. Österreich verzeichnete ein Plus von 29 Prozent, der Marktanteil stieg von 18,2 auf 21,1 Prozent.

Im Gesamtjahr wuchsen die Elektro-Verkäufe um 26 Prozent. Doch Preiss warnt vor falschen Schlüssen: „Die hohen Wachstumsraten im Elektrosegment vermitteln ein trügerisches Bild – tatsächlich bleibt die Entwicklung weit hinter den Erwartungen früherer Jahre zurück." Für den Zwei-Jahres-Zeitraum 2023 bis 2025 ergibt sich nur eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von neun Prozent. Der aktuelle Absatz sei zudem teuer erkauft durch staatliche Förderungen und erhebliche Herstellerrabatte.

„Mittlerweile ist klar, dass der Hochlauf der Elektromobilität ein langfristiger Prozess sein wird", so Preiss. Selbst bei einem jährlichen Wachstum von 20 Prozent wäre ein 50-Prozent-Anteil erst etwa 2032 realistisch. Die EU-Regel, ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zuzulassen, werde sich an die Realität anpassen müssen.

Hybrid-Technologie im Aufwind

Noch stärker als Elektroautos legten Plug-in-Hybride zu: EU-weit um 43 Prozent, der Marktanteil stieg von 6,8 auf 10,3 Prozent. In Österreich betrug das Wachstum sogar 50 Prozent (Marktanteil: von 8,2 auf elf Prozent). Spitzenreiter sind Schweden mit 30 Prozent und die Niederlande mit 21 Prozent Marktanteil.

„Wir sehen vielerorts eine Rückbesinnung auf den Verbrennungsmotor – insbesondere in Form von Hybridlösungen", erklärt Preiss. Die Zukunft werde deutlich technologieoffener ausfallen als lange angenommen. Elektromobilität müsse für Hersteller und Kunden wirtschaftlich sinnvoll sein und bei Reichweite, Ladezeiten und Kosten überzeugen – was trotz umfassender staatlicher Unterstützung noch nicht ausreichend gegeben sei.

E-Auto-Bestseller und regionale Unterschiede

Bei den Elektro-Neuzulassungen führt aktuell der Škoda Elroq das Ranking in Westeuropa an: Im Oktober wurden knapp 9.200 Einheiten in zwölf westeuropäischen Ländern zugelassen. Dahinter folgt der Renault R5 mit knapp 7.000 Neuzulassungen, allerdings mit starkem Frankreich-Fokus (zwei Drittel). Die Plätze drei bis fünf belegen drei VW-Modelle: ID.4/5, ID.7 und ID.3.

Regional zeigen sich weiterhin extreme Unterschiede. Während Norwegen im Oktober einen Elektro-Marktanteil von 97 Prozent erreichte, gefolgt von Dänemark (72 %), den Niederlanden (40 %) sowie Schweden und Finnland (je 36 %), bleiben E-Autos in vielen anderen EU-Ländern Nischenprodukte. In 13 EU-Ländern lag der Marktanteil unter zehn Prozent.

Besonders niedrig ist die E-Auto-Quote in Ost- und Südosteuropa: Kroatien kam im Oktober auf vier Prozent, die Slowakei, Italien und Tschechien auf jeweils fünf Prozent. Insgesamt stieg der Marktanteil in dieser Region jedoch von 4,6 auf 7,8 Prozent. In Skandinavien insgesamt (inklusive Norwegen) kletterte er von 43 auf 58 Prozent.

Ausblick: Neue Modelle als Hoffnungsträger

Für das kommende Jahr erwartet Preiss einen moderaten Anstieg der Elektro-Verkäufe. Neue Premiummodelle mit 800-Volt-Technologie und sehr kurzen Ladezeiten dürften zusätzlichen Schub bringen – besonders attraktiv für Dienstwagen-Fahrer, die etwa in Deutschland von steuerlichen Vorteilen profitieren. Vor allem aber werden neue, preislich niedrigere E-Modelle dafür sorgen, dass Elektromobilität für breitere Käuferschichten zugänglich wird.

Der kombinierte Marktanteil beider elektrischen Antriebsarten (BEV und PHEV) war im Oktober in Dänemark (72 %) und Schweden (66 %) am höchsten unter allen EU-Ländern – ein Indikator dafür, wie die Entwicklung in anderen Märkten mittelfristig verlaufen könnte, sofern die Rahmenbedingungen stimmen.

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