
Die Haltung der Österreicher zum autonomen Fahren ist ambivalent, das Wissen über die Technologie insgesamt noch ziemlich dünn – potenzieller Komfortgewinn steht im Vordergrund, aber erhebliche Zweifel am Reifegrad der Technologie bremsen die Erwartungen.
Komfort vor Sicherheit: Was sich Österreicher vom autonomen Fahren erwarten
Im Rahmen des diesjährigen 13. Allianz Motor Day, bei dem Versicherungs- und Automobil-Expert:innen über die Herausforderungen und das Potential des autonomen Fahrens diskutierten, hat die Allianz Versicherung eine repräsentative Befragung in sieben europäischen Ländern zum Thema durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen ein breites Vertrauen in Sicherheitsverbesserungen, aber auch Unsicherheit in Bezug auf die Reife der Technologie. Durchschnittlich erwarten mehr als die Hälfte der rund 8.500 Befragten bei autonomen Fahrzeugen ein höheres oder mindestens genauso hohes Sicherheitsniveau wie bei von Menschen gesteuerten Fahrzeugen (56 %). Gleichzeitig bleiben aber auch Bedenken bestehen: 69 % sorgen sich um die Zuverlässigkeit des Systems in unerwarteten Situationen, und 72 % halten die Technologie noch für „zu neu und ungetestet". In Österreich erhoffen sich die Befragten durch autonomes Fahren in erster Linie einen Komfortgewinn: Der Großteil sieht darin die Möglichkeit, sich während der Fahrt anderen Tätigkeiten zuwenden zu können (44 %) sowie Stress im Verkehrsgeschehen zu reduzieren (40 %). Als größten Vorteil für die Gesellschaft sehen die Befragten eine verbesserte Mobilität für ältere Menschen oder Personen mit Einschränkungen (63 %).
Mangelndes Wissen und Zweifel am Reifegrad der Technologie
Das Wissen über die Technologie und ihre Vor- und Nachteile ist beschränkt, eigene Erfahrungen sind kaum vorhanden: Insgesamt gibt nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten (37 %) an, mit dem Thema autonomes Fahren oder dessen Vorstufen vertraut zu sein. Die Einstellung dazu ist ambivalent – 33 % der österreichischen Befragten äußern sich positiv zum automatisierten Fahren, ebenso viele negativ.
„Die Befragung zeigt deutlich, dass in der österreichischen Bevölkerung große Unsicherheit hinsichtlich autonomer Fahrzeuge herrscht. Das beruht weniger auf eigenen Erfahrungen als auf psychologischen Faktoren wie mangelnder Vertrautheit, Sorge vor Kontrollverlust, negative Berichterstattung und der generellen Tendenz, Unbekanntes als besonders riskant einzuschätzen. Was es hier braucht ist mehr Transparenz, eine klare Darstellung von Vor- und Nachteilen sowie Alltagserfahrungen. Denn das Potenzial ist groß: Fahrzeuge, die selbstständig reagieren und kommunizieren, können Unfälle reduzieren, Verkehrsflüsse verbessern und neue Mobilitätsformen ermöglichen", erklärt Dr. Jörg Hipp, Chief Product Officer, Ressort Versicherungstechnik, bei Allianz Österreich.
Allianz fordert einheitliche europäische Standards für autonome Mobilität
So prognostiziert das Allianz Zentrum für Technik (AZT), dass die Automatisierung Unfälle aufgrund menschlicher Fehler – Müdigkeit, Ablenkung und Fehleinschätzungen, die nach wie vor die Hauptursache für die meisten Kollisionen sind – drastisch reduzieren wird. Bis 2035 wird eine Reduktion der Verkehrsunfälle von 20 % und ab 2060 um 50 % erwartet.
Die Allianz hat auf dem 13. Allianz Motor Day drei zentrale Forderungen aufgestellt, um die sichere Einführung der autonomen Mobilität zu beschleunigen und gleichzeitig die Konsument:innen zu schützen und die Führungsrolle Europas bei Mobilitätsinnovationen zu stärken:
- Einführung eines „EU-Führerscheins" für automatisierte Fahrzeuge, also ein europäisches Zulassungsmodell für autonome Fahrzeuge mit einheitlichen technischen Homologations- und Prüfverfahren. Dies würde einen grenzüberschreitenden Einsatz ohne wiederholte Zertifizierung ermöglichen, den Marktzugang vereinfachen, die Sicherheit erhöhen und Innovationen beschleunigen.
- EU-weite einheitliche Standards für den Zugang zu unfall- und sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten für Versicherer und Regulierungsbehörden, wobei kritische Daten innerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit verbleiben und als strategisches Gut behandelt werden: Der Vorschlag der Europäischen Kommission zum Austausch von Fahrzeugdaten im Rahmen des EU-Datengesetzes (Verordnung 2023/2854) bildet hierfür eine wichtige Grundlage. Ein gemeinsam von Versicherern, Hersteller:innen und Regulierungsbehörden entwickelter Rahmen würde die Verkehrssicherheit verbessern, das Vertrauen der Öffentlichkeit stärken und die Akzeptanz der autonomen Mobilität beschleunigen.
- Gemeinsame europäische Datenbank für kritische Verkehrssituationen für autonome Fahrzeuge (Level 4): Diese muss alle Unfälle im autonomen Modus und Beinaheunfälle, bei denen Unfälle knapp vermieden werden konnten, erfassen. Die Kriterien hierfür müssen von den Regulierungsbehörden festgelegt werden.
