Kraftpakete der BMW 02er-Reihe

BMW 1600-2 und BMW 2002 – Der zweite Teil der Geschichte

Veröffentlicht am 24.11.2013

Gleich vorab, hier geht es zum ersten Teil der Geschichte.

Mit vier neuen Modellen läutete 1971 die Ära 02 ihre erfolgreichsten Jahre ein: Zwischen das jetzt 1602 genannte Basismodell und den Zweiliter 
schob sich der 1802, während der 2002 tii (das zweite i stand für injection) mit 130 PS-Einspritzmotor den 2002 ti ablöste. Dazu kamen zwei neue Karosserieformen: das BMW 2002 Cabriolet mit feststehendem Überrollbügel und der 2000 touring. In beiden waren ebenso interessante wie eigenwillige Lösungen verwirklicht: Der offene 2002 besaß ein über die gesamte Türlänge reichendes herausnehmbares Dachelement, eine nach vorn versetzte C-Säule und dahinter ein Stoffdach mit eingearbeiteter Heckscheibe.

Der BMW 2002 tii innen
Das Innenleben wurde über die Jahre immer luxuriöser, hier ein 2002 tii von 1971.

Um Jahre voraus

Der touring war die erste Kombi-Limousine in Deutschland mit geteilter Rückbank. Das von Paul Bracq gezeichnete Modell hatte den Vorderwagen der 02er Reihe und ein deutlich verändertes Heck. Statt des konventionellen Stufenhecks hatte der Viersitzer eine schräge Heckklappe und war 12 Zentimeter kürzer als die Limousinen. Den viersitzigen touring, der dem Trend der späteren Schrägheck-Limousinen und noch späteren Sport-Kombis um Jahre vorausfuhr, gab es in allen Motorvarianten.

Der BMW 2002 touring
Gezeichnet vom Künstler Paul Bracq war der touring 12 Zentimeter kürzer als die Limousine – und bot trotzdem mehr Platz.

Die Ölkrise fordert ihren Tribut

Mit einer Ausnahme: Den 170 PS starken BMW 2002 turbo, dessen Debüt auf der IAA 1973 für Aufregung sorgte, gab es nur als Limousine. 210 km/h schnell war diese Krönung der 02-Baureihe und zehn Monate lang nur in den Farben Weiß und Silber zu haben. Wobei die kurze Produktionszeit des schnellsten und stärksten 02 eine Entscheidung des Schicksals und der Ölbranche war: Auf die Drohungen der Öl exportierenden Länder reagierte die westliche Welt fast panisch mit Tempolimits und Fahrverboten. Der Benzinpreis schoss von 70 auf 90 Pfennig und technisch so anspruchsvolle und fortschrittliche Wagen wie der 2002 turbo fielen dem Zeitgeist zum Opfer.

Einstieg in den Rennsport

Die Basis für den Turbo war natürlich schon früher gelegt worden, selbstverständlich im Rennsport, mit dem BMW 2002. Bereits beim zweiten Auftritt in der Tourenwagen-Europameisterschaft 1968 setzte sich Dieter Quester gegen die Konkurrenz von Porsche und Alfa Romeo durch und stellte ganz nebenbei einen Rundenrekord auf. Es folgte eine fulminante Premieren-Saison, deren Krönung der EM-Titel war. Von Anfang an setzte auch eine Reihe privater Rennställe auf den schnellen Zweiliter. Zur Weihnachtszeit 1968 fällte Rennleiter Alex von Falkenhausen eine Entscheidung mit großer Tragweite: Angesichts der immer stärker werdenden Konkurrenz beschloss er «Jetzt machen wir einen Turbo drauf.» Der Einsatz der Abgasturbine katapultierte die Leistung des 2002 tiK von den 205 PS des Saugmotors auf aufgeladene 280 PS.

Der BMW 2002 turbo innen
Das Interieur des 2002 turbo. Inklusive der serienmäßigen Ledersitze.

Explodierende Rennmotoren

Doch es war ein Wagnis – nicht nur auf dem Prüfstand explodierten die Rennmotoren des Öfteren. Maßgeblich an dem Projekt beteiligt war der Vater des späteren Formel-1-Weltmeister-Motors Paul Rosche: «Wir haben uns eigentlich schon bei den ersten Prüfstandsläufen des Turbos Gedanken gemacht, ob das nicht was für die Formel 1 sein könnte.

Verbreitete Radkästen als Markenzeichen

Schließlich schien das Leistungspotenzial unerschöpflich zu sein. Und wir haben fortan nicht nachgelassen, diesem Traum Leben einzuhauchen.» Nach der Bändigung des explosiven Inneren galt es, die Kraft des Aggregats auch auf die Straße zu bringen. Die bislang für den 2002 ti verwendeten Reifen zeigten sich in den unteren Gängen hoffnungslos überfordert, so dass sie durch eine imposante Formel-2-Bereifung mit bis zu 260 Millimeter Straßenkontakt ersetzt werden mussten. Die dazu verbreiterten Radkästen wurden fortan zum Markenzeichen des kräftigen Münchners, mit dem Dieter Quester seinen Titel 1969 verteidigen konnte.

Der BMW 2002 tii seitlich
1971 wurde der 2002 tii vorgestellt, 130 PS stark.

Extrem Kurzhubig

Sportlich setzte BMW aber auf Rallye-Pisten ein. Der exakt 1990 Kubikzentimeter große BMW 2002 für die Schotterpisten hatte den Formel-2-Motor unter der Haube, mit Vierventil-Zylinderkopf und Benzineinspritzung. Mit einer Bohrung von 89 Millimetern und einem Hub von 80 Millimetern war der Vierzylinder extrem kurzhubig ausgelegt und mit 11 : 1 hoch verdichtet. Damit konnte die Vierzylinder-Kurbelwelle hohe Drehgeschwindigkeiten erreichen: Die Nennleistung von 240 PS gab das Triebwerk bei 9000/min ab, was eine Literleistung  von 120,6 PS/Liter ergab. Bei einem Leergewicht von 950 Kilogramm ging der Rallye-2002 damit hervorragend, wie die Piloten Jean Todt und Achim Warmbold eindrucksvoll bewiesen. An sechs Läufen zur Rallyewelt- und -europameisterschaft beteiligte sich das BMW Team mit diesem 2002. Darüber hinaus war der 02 ein ideales Instrument für motorsportliche Amateure. In ungezählten Rennen setzten die Privatfahrer 02-Fahrzeuge der unterschiedlichsten Leistungsstufen ein, gefördert von BMW.

Der BMW 2002 turbo in der Kurve
Der 2002 turbo mit seinen 170 PS war dann ab 1973 die höchste Evolutionsstufe der 02er-Reihe.

Ablösung durch die erste 5er Reihe

1972 war unmittelbar nach den Olympischen Spielen, die von 02ern mit Batterieantrieb begleitet wurden, die erste 5er Reihe vorgestellt worden, die optisch eine neue Ära einleitete. Auch die Ablösung der kleinen Klasse wurde damit absehbar.

Selbstbewusster Modellwechsel

Dabei war der 02 beileibe noch kein Auslaufmodell: 1974, ein Jahr vor der Ablösung durch die 3er Reihe, erreichte die 02-Produktion mit 111.239 Einheiten ihren Zenit. Deshalb erlaubte sich BMW 1975 eine selbstbewusste Art des Modellwechsels: Die erste 3er Reihe wurde vorgestellt – und gleichzeitig der 1502 als neues, letztes und dann auch einziges Modell der 02-Reihe. Er wurde von einer niedriger verdichteten Maschine angetrieben und war deshalb zusammen mit dem 518 der erste BMW, der sich mit Normalbenzin begnügte. Und er hatte Erfolg damit: 71.564 Exemplare des 11.900 DM teuren Wagens verließen die Münchner Werkshallen bis 1977.

 

Vielen Dank an die Kollegen von www.radical-mag.com