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9 Fakten und eine Frage zu Ayrton Senna

9 Fakten und eine Frage zu Ayrton Senna

Zum zwanzigsten Todestag von Ayrton Senna: Die Antwort auf die Frage, ob er größer als Schumacher war – und neun weitere Fakten, die Sie vielleicht noch nicht kannten.

autorevue Magazin
Veröffentlicht am 01.05.2014

1. Besser als Schumacher?

Die Karrieren überschnitten sich zu kurz, um eine eindeutige Antwort geben zu können. Das Statistik-Duell spricht eine eindeutige Sprache: In fast allen Disziplinen – Siege, Platzierungen, Führungskilometer und -runden, schnellste Runden – liegt Schumi in Führung, nur bei den Pole Positions hat Senna noch einen kleinen Vorsprung. Aussagekräftiger sind aber die pro Rennen eroberten Punkte: Schumacher 4,944, Senna 3,747. Dominiert wird diese Wertung übrigens nach wie vor von Altmeister Fangio mit  5,43 Punkten pro Rennen.

9 Fakten und eine Frage zu Ayrton Senna
© Bild: deviantart.com/F1-history

2. Falscher Name

Eigentlich hieß Ayrton nach seinem Vater da Silva. Senna ist der Mädchen-name seiner Mutter, zu der er eine sehr enge Beziehung hatte. -Anfänglich stand auf -seinem Rennwagen -„Ayrton Senna da Silva“. Nachdem er in einer Zeitschrift eine Geschichte über einen Fensterputzer namens da Silva gelesen hatte, fand er seinen Namen ziemlich uncool und verkürzte ihn zu „Senna“.

3. Der Kart-Versager

Kart ist die Kinderstube der Weltmeister. Auch Senna begann 1973 dort, 1977 wurde er Südamerikanischer Meister, zum WM-Titel reichte es allerdings nie. 1978 wird er Sechster, 1979 und 1980
als hoher Favorit jeweils nur Zweiter – für ihn eine beschämende Niederlage. Deshalb tritt er 1981 und 1982 wieder an, obwohl er bereits in England FF 1600 bzw. 2000 fährt – zum Titel reicht es wieder nicht.

4. Der Monoposto-Spezialist

Senna hat nur drei Rennen mit anderen als Formel-Rennwagen bestritten: 1982 gewann er als Gastfahrer in Oulton Park einen Lauf zum Sunbeam Talbot Cup. 1984 belegte er auf einem Porsche 956 des Joest-Teams auf dem Nürburg-ring den achten Platz. Im gleichen Jahr stellte Mercedes den neuen 190 E 2.3 16V auf dem Nürburgring vor und lud Fahrer zu einem Rennen mit identen Autos. Die meisten Stars nahmen das Ganze als Jux – bis auf Senna. Den zweiten Platz belegte übrigens Niki Lauda.

5. Der Frühaufsteher

Samstag beim GP von  Ungarn 1990, sechs Uhr morgens: Am Parkplatz des Fahrerlagers herrscht gähnende Leere, langsam erst trudeln die Kleinbusse mit den Mechanikern ein. Nur ein Auto parkt schon da – der Honda Prelude von Senna, der keine Minute Arbeit an seinem Wagen versäumt.

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© Bild: deviantart / f1_history

6. Senna und die Frauen

Frauen schienen in Sennas Leben bestenfalls die zweite Geige zu spielen: 1982 ging in England sogar das Gerücht um, dass er homosexuell sei. Tatsächlich beschwerte sich ein Mädchen per Presse, „dass man mit ihm nichts anfangen könne, er hat nur das Rennfahren im Kopf“. Aber im Grunde war alles ganz normal, nur halt unter der Geisel des Sport-Fanatismus: 1981 war Senna ein Jahr mit der Brasilianerin Liliane verheiratet, 1988 verfolgte ganz Brasilien seine Romanze mit einer TV-Moderatorin. Seine letzte Freundin Adriana Gallisteu fand nicht die Gnade der Schwiegermutter.

7. Der Harte & der Weiche

Seine Entschlossenheit zu siegen – oder zumindest Recht zu behalten – kippte bisweilen ins Gewalttätige. Schon 1981 fuhr er einem Konkurrenten an die Gurgel, 1993 in Suzuka bekam Eddie Irvine seine Schlagkraft zu spüren, weil er sich von dem jungen Jordan-Piloten behindert fühlte. Trotzdem war Senna ein Mensch von hoher Warmherzigkeit. Bei einer Pressekonferenz wurde Senna einmal gefragt, ob er den Straßenkindern von São Paulo helfe. Er antwortete kurz angebunden: „Ja. Nächste Frage, bitte.“ Und bis heute betreut das Instituto Ayrton Senna zahlreiche karitative Einrichtungen.

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In der Sache war Ayrton Senna fanatisch wie sonst nur noch Michael Schumacher, bei den Emotionen kippte er aber leicht ins Brasilianische. © Bild: Reuters

Er schämte sich auch nicht seiner Tränen. 1994 in Imola weinte er zwei Mal: im Spital bei seinem verletzten Freund Barrichello, und als ihm Doc Sid Watkins vom Tod Roland Ratzenbergers berichtete. Am nächsten Tag weinte die Welt um ihn.

8. Verschwörungstheorien und Prozess

Als amtlich gilt ein Bruch der Lenksäule, möglicherweise verursacht durch die Schweißnaht eines neu eingesetzten schmäleren Rohrs. Andere Meinungen besagen, dass der Williams auf einer Bodenwelle versetzte und gleichzeitig die Reifen wegen der vorhergegangenen Pace-Car-Phase noch nicht aufgewärmt waren. Andere wollen gesehen haben, dass Senna über einen Gegenstand auf der Fahrbahn fuhr. Die skurrilste Theorie: Senna habe sich derart konzentriert, dass er eine Runde lang den Atem angehalten habe und deshalb ohnmächtig geworden sei.

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An der Spitze der sichtlich gekennzeichneten Sargträger: Emerson Fittipaldi und Gerhard Berger. Übrigens: Bernie Ecclestone wurde von der Familie ausgeladen. © Bild: Reuters/STR New

Am 11. März 1997 begann nach jahrelangen Untersuchungen in Imola der Prozess gegen Frank Williams, Patrick Head, Adrian Newey und drei Repräsentanten der Rennstrecke wegen Totschlags. Zahlreiche Rätsel tauchten auf und wurden nie gelöst, so zum Beispiel wo die Black Box des Autos einen Monat lang verschwunden war. Im November 1999 wurden alle sechs Angeklagten freigesprochen.

9. Senna lebt

Allein in Brasilien sind 49 Straßen, Autobahnen, Parks, Brücken, Unterführungen und Radwege nach Senna benannt. Zusätzlich verewigen vier Denkmäler sein Andenken.

10. Sennas Grab

Der Taxler kennt den Weg: Cemiterio do Morumby, Rua Deputado Laercio Corte, Haupttor. Eine der besseren Gegenden der Stadt, heißt es. Familie Senna wohnte hier. Ayrton fuhr hier mit dem Kart. Ein Park mitten in der Stadt, Hochhäuser schauen über die Klippen von rotem Sandstein. Konzentrische Kreise aus eingelassenen Bronzetafeln rund um einen Baum. Im innersten Kreis, in Grab 11, liegt Ayrton Senna da Silva, 21.3.1960 – 1.5.1994. Eine brasilianische Fahne, eine rote Blume. Kein einziger Mensch. Es ist still. Die Sonne scheint.

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Cemiterio do Morumby Rua Deputado Laercio Corte, 468 Morumbi/São Paulo/S.P. © Bild: REUTERS/Paulo Whitaker

Der Beitrag von Martin Hartmann ist aus dem autorevue-Special zum schwarzen Mai aus der Ausgabe 5/2004.