Fahrbericht Mercedes C400 4MATIC

Mercedes hat es geschafft mit der neuen C-Klasse ein richtig gutes Automobil zu bauen. Von der ungeahnten Fahrfreude im C400 4MATIC.

Veröffentlicht am 14.03.2014

Beim den neuen Automobilen verstehe ich so einiges nicht. All die Assi-Systeme – wer genau braucht die? Wer will die, wer kann die bezahlen? Das Thema ist Sicherheit, heißt es: ich sage – bullshit. Wenn sich der Automobilist zu sicher fühlt, und das tut er mit Spurhalte-Gedings und Distronic-Plus-Gedöns, dann programmiert er auf der Autobahn das Radio neu und sms-t seiner Geliebten/seinem Geliebten und schreibt Memos für die nächste Vorstandssitzung und optimiert seine Steuern und rasiert sich wahrscheinlich auch noch, alles gleichzeitig. Denn da ist ja Distronic Plus, die wird es schon richten, rechtzeitig den Notstopp einläuten. Der Mensch am Steuer würde aber dringend wieder mehr Verantwortung brauchen, in diese Richtung müsste sich das Automobil entwickeln, dieser ganze Mist vom autonomen Fahren ist eine Totgeburt.

„Das Auto muss kein Büro sein und auch nix rasendes Facebook“

Das Fahrzeug als rollendes Smartphone: noch so ein Unsinn. Nach NSA etc. will doch sowieso niemand mehr all seine Daten irgendwelchen Unternehmen zur Verfügung stellen (nein, liebe Sterne, ich glaub Euch kein Wort, dass diese Daten nicht verwendet werden, denn wenn sie nicht verwendet werden, warum werden sie dann erhoben?); das Auto muss kein Büro sein und auch nix rasendes Facebook und auch keine Sammlung von 6000 Lieblingssongs – ziemlich genau 100 Prozent der Automobilisten sind ja schon überfordert, wenn sie einfach geradeaus fahren sollten. Ja, natürlich bin ich ein konservativer Saftsack, zu alt, um solches Zeugs noch zu verstehen, nix «Generation Game all day» – aber halt auch noch etwa 20 Jahre jünger als der durchschnittliche Mercedes-Kunde…

_autorevue-fahrebericht-mercedes-c-400-4matic-12C400 4MATIC: ungeahnte Fahrfreud‘

Warum kann sich Mercedes nicht einfach zufrieden geben damit, ein gutes Automobil zu bauen? Denn das haben sie mit der neuen C-Klasse absolut geschafft. Ein richtig gutes Automobil, so gutaussehend, wie das der derzeitige Chefdesigner halt hinbringt, erfreulich sparsam, weil leichter, weil aerodynamischer, weil allerorten moderner, in vielen Details sehr clever – und mit so viel Fahrfreud‘, wie wir das beim Stern bisher noch gar nicht kannten.

4MATIC und Assi-Systeme

Gut, auch diese Fahrfreud‘ wird hauptsächlich elektronisch generiert, aber solches kann/muss man sich gefallen lassen, wenn die entsprechenden Einstellungen (S+ ist zu empfehlen) wirklich passend sind. Ich hab da den C400 4MATIC so ein bisserl über französische Landstrassen bewegt, eher in Richtung: flott, und es ist zu vermelden: grossartig. Auf einer Stufe mit dem 3er-BMW, besser als ein Audi A4. Auf diesem Niveau bewegte sich der Stern schon länger nicht mehr – und es sei ihm gedankt, dass er für die neue C-Klasse eine neue Heckantriebs-Plattform entwickelt hat, es hätte ja durchaus auch anders sein können, das Ding, das für A- und B-Klasse und alle anderen Derivate seinen Dienst tut, wäre – aus finanziellen Gründen – sicher auch eine valable Alternative gewesen.

_autorevue-fahrebericht-mercedes-c-400-4matic-2Kurvenfresser

Aber jetzt haust Du den C400, einverstanden, auch dank 4MATIC, aber sowas von in den Bogen, dass Dir als Fahrer fast schlecht wird, Du Angst kriegst vor dem eigenen Mut – und irgendwann limitiert wirst von den eigenen Fähigkeiten.

Er schiebt quasi gar nichts über die Vorderräder (im Vorgänger eine üble Krankheit), er kommt aber auch nicht hinten, sondern bleibt von einer Neutralität, die wirklich beeindruckt. Der Komfort bleibt dabei aber nicht auf der Strecke, und wer mehr will, ein fast schon sänftenartiges Gleiten auf der Langstrecke, der wählt die entsprechende Stufe bei den Fahrprogrammen. Dies funktioniert so einfach wie bei derzeit keinem anderen Wagen, eine einzige Handbewegung, nix fummeln und drücken und sich durch ein Menu wählen; gut gelöst, bravo, so wird man diese Wahlmöglichkeiten auch tatsächlich nutzen.

_autorevue-fahrebericht-mercedes-c-400-4matic-13Der Motor im C400 ist vom Feinsten

Der Motor beim C400 ist ja sowieso vom Feinsten; wir waren schon beim kürzlichen Test mit der gleichen Maschine im E400 Coupé sehr beeindruckt von der Souveränität dieses 6-Zylinder-Turbo mit 3 Liter Hubraum und 333 PS und einem maximalen Drehmoment von 480 Nm, die zwischen 1600 und 4000/min (!) anliegen. Ok, bei der Schalterei ist noch Luft nach oben, der 7-Gang-Automat aus Stuttgart ist nicht mehr ganz taufrisch, da gibt es unterdessen modernere Lösungen, aber im Alltag wird man davon nichts spüren, denn man spürt die Schaltvorgänge kaum, auch händisch lässt sich dies Ding vorzüglich verwenden. Genaue Daten zu den Fahrleistungen liegen noch nicht vor, der C 400 kommt dann erst im Herbst auf den Markt, aber wir nehmen mal an: unter 5 Sekunden auf 100. Und unter 8 Liter im Verbrauch. Was kann AMG da noch besser machen? Mit dem Gusseisen-V8 vorne drin wird die C-Klasse nicht spaßiger, sondern einfach frontlastiger. Ein bisserl mehr Bollern könnte der C400 vertragen, aber da denkt man dann wohl wieder an die Kundschaft, die würde sich wohl daran stören.

_autorevue-fahrebericht-mercedes-c-400-4matic-9Auch sonst ist die neue C-Klasse ja bestens gelungen.

An das Innenleben mit den so zentralen Luftdüsen auf der Mittelkonsole und dem darüber freistehenden Bildschirm haben wir uns schon ein bisschen gewöhnt, die Bedienung über Touchpad und Drehdrückschalter gehört jetzt nicht zu unseren bevorzugten Spielereien (siehe oben), aber man kann bestens damit leben, gewöhnt sich schnell daran, die Möglichkeiten sind tatsächlich vielfältigst und folglich gut.

Wir bleiben dabei, dass digital dargestellte Tachos etc. in einem Mercedes nichts zu suchen haben, aber es geht wohl nicht mehr anders, also liegt es an uns, da Verständnis zu lernen. Die Mittelkonsole, in den verschiedensten Materialanmutungen lieferbar, wirkt etwas aufgesetzt (was sie ja auch ist), doch da geht um effiziente Produktion und geringere Kosten, in Schönheit sterben sollen andere. Die Sitze sind hervorragend, die Platzverhältnisse hinten bedeutend besser als auch schon, der Kofferraum – maximales Volumen beachtliche 480 Liter – bestens nutzbar, weil die Ladekante tief ist. Gut verarbeitet ist er auch, das war zumindest der erste Eindruck.

Wir sind noch andere Motorisierungen gefahren, und zwar alle diese:

C200: 2-Liter-Benziner, 184 PS, 300 Nm bei 1200-4000/min, 5,3 Liter.
C250: 2-Liter-Benziner, 211 PS, 350 Nm bei 1200-4000/min, 5,3 Liter.
C220 BlueTec: 2,2-Liter-Diesel, 170 PS, 400 Nm, 4 Liter.
C250 BlueTec: 2,2-Liter-Diesel, 204 PS, 500 Nm bei 1600-1800/min, 4,3 Liter.
C300 BlueTec Hybrid: 2,2-Liter-Diesel, 204 PS (plus 27-PS-Elektromotor), 500 Nm bei 1600-1800/min, 3,6 Liter.
Aber wir sind ja radical, deshalb wollen wir nur den 400er wirklich empfehlen. Und dies dann auch noch als Kombi, der ja dann im Herbst nachgereicht wird…

_autorevue-fahrebericht-mercedes-c-400-4matic-4Die neue C-Klasse, die um 10 Zentimeter auf 4,69 Meter gewachsen ist, im Schnitt aber trotzdem etwas über 100 Kilo leichter ist als der Vorgänger, steht schon nächste Woche bei den Händlern. Die Basis stellt zu Beginn der C180 (156 PS) auf und ist schon ab € 35.350,- zu haben. Im Weg stehen kann einem Erfolg der C-Klasse eigentlich nur Mercedes selber – die Kunden müssen überzeugt werden, dass Schluss ist mit gepflegter Langweile beim Stern. Das ist wahrscheinlich bedeutend schwieriger als ein wirklich gutes Automobil zu bauen.

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